Des Wanderwege-Planers Gretchenfrage – Zertifizieren, ja oder nein?

von Andrea Wagner und Kathrin Bock

01.08.2023. So regelmäßig wie wir neue Wanderwege planen, stellt sich auch die Frage nach der Zertifizierung derselben. Soll der neue Wanderweg zertifiziert werden? Und wenn ja, als was? Als Premiumweg, damit er zum Beispiel im Schwarzwald in den Reigen der Genießerpfade aufgenommen werden kann? Oder als Qualitätsweg Wanderbares Deutschland? Oder ist es gar nur eine kleine Runde, die sich als Premium-Spazierwanderweg eignet? Oder als Kurze Qualitätstour Komfortwandern? Vielleicht aber doch eher Familienwandern?

 

Richtig, Sie haben es schon erkannt. Hier den Überblick zu behalten, gestaltet sich mitunter nicht ganz einfach. Selbst in unserem Team kann nicht mehr jede:r über das Thema „Wanderwege-Zertifizierung“ umfassend informiert sein. Auch wir lassen uns intern von den Kolleg:innen beraten, die entsprechend geschult sind und sowohl das große Ganze als auch die notwendigen Details bewerten können. Denn die Gretchenfrage muss jedes Mal wieder aufs Neue durchdacht und beantwortet werden.


Wir haben uns nachfolgend einige der wichtigsten Fragen gestellt, und versucht sie auch gleich zu beantworten:

 

Frage: Passt der geplante Weg in eine der vorhandenen Zertifizierungslinien?

Unsere Antwort: Für einen landschaftlich attraktiven und abwechslungsreichen Wanderweg auf mehrheitlich naturbelassenen Wegen ist diese Frage leicht mit „Ja“ zu beantworten. Das sind die klassischen Zertifikatswanderwege, die eine große Zielgruppe finden und deshalb über beide Institutionen (Deutscher Wanderverband sowie Deutsches Wanderinstitut) zertifizierbar sind. Bei Wanderwegen für bestimmte Zielgruppen oder zu bestimmten Themen, die einen geringeren Naturweganteil haben, wird die Sache schon schwieriger. Hier bietet der Wanderverband noch weitere, zielgruppenspezifische Zertifizierungen: z.B. Stadtwanderung, Entdeckertour, Winterglück oder Komfortwandern. Auch beim Wanderinstitut gibt es mittlerweile die Kategorie „Premium-Stadtwanderwege“. Auch wenn diese Vielfalt für den Gast verwirrend sein kann: Wir begrüßen sie, denn nur so wird die Zertifizierung auch der Bandbreite an Bedürfnissen der Wanderer gerecht. Nichtsdestotrotz kann es auch subjektiv empfunden wunderschöne Wanderwege geben, die in keine der Zertifizierungslinien passen. Wir haben zum Beispiel für unsere AugenBlick-Runden entschieden, dass diese in der Regel nicht zertifiziert werden. Das Hauptaugenmerk liegt hier auf der Aussicht. Und da hat es sich als kontraproduktiv erwiesen, auf der Jagd nach einem Mindestanteil an naturbelassenen Wegen zwischen Aussicht oder Pfad entscheiden zu müssen. Hier planen wir mit unserer langjährigen Erfahrung und unserem Bauchgefühl, ganz ohne Vermessung und Tabellen.


Frage: Bekommt der Weg durch die Zertifizierung Zugang zu übergeordneten Marketingaktivitäten, wie zum Beispiel über die Genießerpfade im Schwarzwald?

Unsere Antwort: Falls die Antwort ja lautet, spricht vieles für eine Zertifizierung. Zu beachten ist in diesem Fall, ob nur bestimmte Zertifizierungen diesen Zugang ermöglichen und ob diese Zertifizierungslinien zum geplanten Wanderweg passen. Sollte das der Fall sein, ist es den Mehraufwand im Planungsprozess in der Regel wert. Der Mehrwert beim Marketing macht das schnell wieder wett. Dies gilt in besonderem Maße, wenn sich der Wanderweg in einem Gebiet befindet, das ansonsten nur geringe touristische Marketingaktivitäten entfaltet. Sowohl das Deutsche Wanderinstitut als auch der Deutsche Wanderverband betreiben auch eigene Marketingaktivitäten, von denen der einzelne Wanderweg ebenfalls profitieren kann.

 

Frage: Ist der Wanderweg in eine Gesamtkonzeption eingebettet?

Unsere Antwort: Je größer und etablierter die Gesamtkonzeption ist, desto verzichtbarer wird eine Zertifizierung. Hat sich zum Beispiel eine Wanderregion bereits einen Namen gemacht und ein starkes Image aufgebaut, sind die vorhandenen Wanderwege durchweg sehr gut durch die Gäste bewertet und hat sich bereits eine Stammkundschaft herausgebildet, dann schwinden die Vorteile der Zertifizierung. Denn der Vorteil einer Zertifizierung liegt vor allem darin, dass eine unabhängige Institution gegenüber dem Gast bestätigt: „Ja, hier kannst du toll wandern!“ Hat sich eine Region aber bereits selbst dieses Vertrauen der Gäste erarbeitet, ist diese unabhängige Überprüfung nicht mehr in dem Maße entscheidungsrelevant. Gäste vertrauen auch auf das Urteil anderer Gäste. Hier könnte es sich also eher anbieten, gezielt ins Empfehlungsmarketing zu investieren. Steht eine Region allerdings noch ganz am Anfang, bietet es sich auf jeden Fall an, sich durch entsprechende Zertifizierungen das Vertrauen der Gäste zu erarbeiten. In diesem Fall ist unsere Erfahrung aber: Es müssen nicht alle Wege zertifiziert sein. Ein paar einzelne zertifizierte Wege ziehen die anderen in Bezug auf Image und Werbewirkung mit. Wichtig ist allerdings, dass alle Wege auf einem einheitlich hohen Qualitätsniveau sind, vor allem auch die ohne Zertifizierung.

 

Das sind längst nicht alle Fragen und Überlegungen, denen man sich in Hinblick auf eine Zertifizierung stellt und die Entscheidung darüber ist in der Regel komplex. Aber für jeden Weg gibt es eine Lösung, die unter Anbetracht aller Umstände „richtig“ ist.

 

Gerne begleiten wir Sie bei der Entscheidungsfindung!

 



Für mehr Informationen zur Zertifizierung wenden Sie sich an Ihre Ansprechpartnerin.

Andrea Wagner

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